Bürgermeister Hugo Ewringmann
geb. 13.12.1866 in Wambeln bei Dortmund, gest. 27.1.1951 in Münster
Amtmann in Eslohe/Sauerland
1904-1924 Bürgermeister in Warendorf
1931 nach Münster verzogen

1904 wurde Hugo Ewringmann zum Stadtoberhaupt der Kreisstadt Warendorf gewählt, die damals ca. 7000 Einwohner zählte. Mit seiner Ehefrau Selma und seinen 8 Kindern wohnte er im Bürgermeisterhaus am Wilhelmsplatz Nr. 8.

Die Amtseinführung, der ein Festgottesdienst in der Laurentiuskirche voraus-ging, wurde im Rathaus am Marktplatz feierlich begangen. Bürgermeister Ewringmann fand in seinem Amt vier Verwaltungsbeamte vor, außerdem zwei Polizeibeamte und zwei Nachtwächter. So ist es zu verstehen, dass eine Vielzahl von Aufgaben vom Bürgermeister selbst erledigt werden musste.

1924, am Ende seiner Amtszeit, beschäftigte die Stadt 19 Beamte und Angestellte und 2 Polizeibeamte.

Die ersten zehn Amtsjahre des neuen Bürgermeisters waren geprägt von Veränderung und Modernisierung. Die Errungenschaften der modernen Zeit erreichten nun auch das kleine Landstädtchen Warendorf.

Bald nach Amtsbeginn richtete Bürgermeister Ewringmann ein Steuerbüro ein. 1906 installierte er ein Bauamt mit Stadtbaumeister Beckmann an der Spitze.

Rathaus, "Vaters  Amtssitz"
 

   1907 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Anlage von Wasserleitungen. Vor dem Osttor, in der Nähe von Haus Werl, wurde ein Wasserwerk gebaut mit einem repräsentativen Wasserturm, der noch heute ein Wahrzeichen unserer Stadt ist. Die Zeit der Hausbrunnen und Handpumpen war nun endgültig vorbei. Die zentrale Wasserversorgung erhöhte den Lebensstandard der Bevölkerung entscheidend, zumal ab 1908 die offenen Abwassergräben nach und nach durch ein unterirdisches Kanalisationssystem ersetzt wurden. Es dauerte aber bis in die 1930er Jahre, ehe die ganze Stadt ans Kanalnetz angeschlossen wurde.

Im gleichen Jahr kaufte die Stadt für 90 000 Mark die „Warendorfer Gasgesellschaft“. Nun konnten alle Haushalte einen Gasanschluss bekommen und die Straßen der Stadt wurden durch Gaslaternen beleuchtet.

   
Wasserturm an der B64  Warendorfer Gasanstalt 

  

Auch die Versorgung der Stadt mit elektrischem Strom fiel in die Amtszeit von Bürgermeister Ewringmann. Seit 1906 bestand schon eine private, von einem Generator betriebene Stromversorgung, die Teile der Stadt mit Strom versorgte. Ab 1917 lieferten auch die Westfälischen Elektrizitätswerke Strom. Da dieser Strom sehr teuer war, entschlossen sich die Stadtväter 1920 zum Bau eines Wasserkraftwerkes an der Ems. Ab 1924 konnten alle Häuser mit Strom versorgt werden und die Gasbeleuchtung an den Straßen wurde durch elektrisches Licht ersetzt. Das städtische E-Werk deckte etwa 80% des Strombedarfs ab.

   
Das  Warendorfer Elektrizitätswerk (links) am Mühlenkolk  

 

All diese Neuerungen brachten erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich. Wie gut, dass sich Bürgermeister Ewringmann schon 1908 dazu entschlossen hatte, eine Schreibmaschine anzuschaffen, die ein Friseur gegen ein Entgelt von 80 Mark im Monat bediente.

Die im Rathaus untergebrachte Stadtsparkasse gehörte auch zum Verantwortungsbereich des Bürgermeisters. Der Rendant war üblicherweise ein Mitglied des Stadtverordnetenkollegiums.

Auch die Aufsicht über die Volksschulen oblag dem Bürgermeister. Er sorgte für die Ausstattung der Schulen und fühlte sich sogar für die pädagogische Arbeit verantwortlich. Als ihm z.B. zu Ohren kam, dass ein Lehrer seine Schüler in übertriebenem Maße mit dem Rohrstock züchtigte, bestellte er den Lehrer „aufs Amt“ zu einer ernsthaften Unterredung. Die Schüler haben es ihm sehr gedankt.

Die Höhere Mädchenbildung war ihm ein wichtiges Anliegen. Für seine sechs Söhne und all die Jungen der Stadt und des Umlandes bot das Gymnasium Laurentianum eine gute gymnasiale Schulbildung. Auch die Mädchen sollten die Möglichkeit zu einer Höheren Schulbildung bekommen.

1906 gehörte Bürgermeister Ewringmann zu den Gründungsmitgliedern des Schulvereins und war Mitglied des ersten Vorstandes dieses „Vereins zur Hebung der Mädchenbildung“. Nach Kräften unterstützte die Stadt die neue Marienschule und stellte ihr 1908 das Gebäude an der Lilienstrasse zur Verfügung. 1923 war der Verein nicht mehr in der Lage, die Schule zu finanzieren. Die Stadt übernahm die Schule mit allen finanziellen Lasten.

Im gleichen Jahr fasste die Stadtverordnetenversammlung den Beschluss zur Einrichtung einer Aufbauschule, die dem Gymnasium Laurentianum angegliedert wurde. Diese Bildungseinrichtung wurde besonders vom Mittelstand und von der Landbevölkerung begrüßt. Mehr als ein Viertel aller Gelder des städtischen Haushaltes flossen in die Unterhaltung der Schulen.

   
Hugo und Selma Ewringmann  Die 8 Kinder der Familie Ewringmann 

   

Arbeiterhäuschen in Levens Gässchen
  

Die Armenfürsorge lag Bürgermeister Ewringmann besonders am Herzen. 1907 gründete er mit Pfarrer Strumann zusammen den gemeinnützigen Bauverein, der seine Aufgabe darin sah, materiell schwächer gestellten Familien, meistens Familien mit vielen Kindern, zu einem eigenen Haus zu verhelfen. Damit wurde die Not der vielen Wohnungssuchenden etwas abgemildert. Vor 1914 konnten mit dieser Hilfe jährlich ca. 20 Arbeiter-häuser errichtet werden. Mit dem ersten Weltkrieg trat leider eine Stagnation ein. Die oft feuchten Mietwohnungen und die schlechte Versorgungslage der Kriegs- und Nachkriegsjahre waren eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung. Tuberkulose und Unterernährung waren weit verbreitet.

1923 vernichtete die Inflation alle Sparguthaben. Der Wohnungsbau kam vollkommen zum Erliegen. Auch die Wohnungs-kommission unter Vorsitz des Bürgermeisters konnte nur den Mangel verwalten. In diesen schweren Jahren machte Bürgermeister Ewringmann große Anstrengungen, den Armen, den Kriegerwitwen und Waisen und den Obdachlosen zu helfen. Die Stadt unterhielt Notwohnungen, wie z.B. den „Langen Jammer“ am Wilhelmsplatz.

Ein Lichtblick war es, wenn der wohlhabende Amsterdamer Goldschmied  Heinrich Miele seine Heimatstadt Warendorf besuchte, denn er überreichte dann dem Bürgermeister in alter Verbundenheit eine ansehnliche Geldsumme. Es war die Aufgabe der Frau des Bürgermeisters, das Geld gerecht in Umschläge zu verteilen und es diskret nach Einbruch der Dunkelheit den Ärmsten der Armen zu bringen.

Auch an moralischer Unterstützung ließ Bürgermeister Ewringmann es nicht fehlen. Viele arme Leute hielten sich damals eine Ziege, die „Kuh des kleinen Mannes“. Ewringmann gehörte dem Vorstand des „Ziegenzucht-Vereins“ an. Er sorgte dafür, dass zur jährlichen Hauptversammlung der Ziegenbaron „Dr. Meck Meck“, Professor Landois aus Münster höchstpersönlich nach Warendorf kam. Die Hippenbesitzer konnten dem leutseligen und großzügigen Professor Landois, der ein Herz für in Not geratene arme Leute hatte, ihre Sorgen und Wünsche anvertrauen. Er half, wo er konnte und wurde verehrt und geliebt.

 
Textfeld: das Bürgermeisterhaus am Wilhelmsplatz 
Alle vier Jahre kam der Bischof von Münster zur Firmung nach Warendorf. Bei dieser Gelegen-heit stattete er auch dem Stadtoberhaupt in seinem Haus am Wilhelmsplatz einen Besuch ab. Die acht Bürgermeisterkinder standen dann in Reih und Glied und begrüßten Bischof Johannes Poggenburg, die Mädchen machten einen tiefen Knicks und die Jungen durften sogar seinen Ring küssen und alle bekamen den bischöflichen Segen. Dann wurde der hohe Gast zusammen mit den Honoratioren der Stadt im Salon festlich bewirtet.

Einmal im Jahr wurde auch die hohe Geistlichkeit eingeladen. Die Pastöre von der Alten und der Neuen Pfarre und der Guardian des Franziskanerklosters in Begleitung von zwei Patres kamen zu einem Tässchen Kaffee und einer besonders gute Flasche Wein. Dazu bot der Bürgermeister die Brasil Zigarren mit der Bauchbinde aus der Sonntags-Zigarrenkiste an. Der Besuch sollte das gute Verhältnis von Staat und Kirche pflegen.

Auch zur bürgerlichen Oberschicht der Stadt hielt der Bürgermeister engen Kontakt. Nach Dienstschluss ging er gern zum Gläschen Bier in das klassizistische Gebäude der Gesellschaft Harmonie und spielte eine Partie Billard mit dem Fabrikanten Brinkhaus, dem Gymnasialdirektor Egen und dem Postdirektor. Natürlich nahm er mit der Frau Bürgermeister am Drei-Königs-Ball teil, dem gesellschaftlichen Ereignis des Jahres im Club Harmonie.

Das Hochfest des Jahres war schon damals das Fest Mariä-Himmelfahrt. Es war selbstverständlich, dass Bürgermeister Ewringmann mit Landrat Gerbaulet und allen 29 Stadtvätern bei der Prozession hinter dem Allerheiligsten gingen, alle im Gehrock mit Zylinder und weißen Handschuhen.

 
Schützenfest in Warendorf 

 Nach der kirchlichen Feier wurde auf dem Wilhelmsplatz die große Kirmes eröffnet. Am Vorabend hatte sich der Bürgermeister den Polizeihaupt-wachtmeister Milz kommen lassen und kontrollierte mit ihm die Sauberkeit der Schieß- und Losbuden und der Tingel-Tangel-Karussells. Da hingen nämlich oft Bilder von spärlich bekleideten Damen. Diese Bilder mussten sofort mit „Tüll“ behängt werden, was die Budenbesitzer auch taten. Aber nach einer Stunde hieß es: „Weg mit dem Tüll!“ und das Kirmesvergnügen nahm seinen Lauf.

20 Jahre lang war Hugo Ewringmann Bürgermeister der Stadt Warendorf. Die Grenzen zwischen privater und öffentlicher Tätigkeit waren fließend. Ein Bürgermeister war immer im Dienst und immer Ansprechpartner für die Bevölkerung.

Nach 12 Jahren war er wiedergewählt worden, das zeigte die Zufriedenheit der Bürger mit seiner Arbeit. 1924 gab Bürgermeister Ewringmann sein Amt aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig auf.

Quellen: 
 „Meine Jugenderinnerungen an Warendorf “ von Hanni Ewringmann

Erzählungen von Zeitzeugen aus der Familie Göcke und Haunhorst

Geschichte der Stadt Warendorf

Bilder: Bildarchiv der Altstadtfreunde und Hanni Ewringmann

Autorin:  Mechtild Wolff

 

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